Revolution auf dem Wasser

Segeln überm Limit

Sie gelten als die modernsten Rennyachten der Welt: die AC75-Boote des America’s Cup. Ihr innovatives Design, gepaart mit modernster Technik, lässt sie über das Wasser fliegen und Geschwindigkeitsrekorde aufstellen. Was ist ihr Geheimnis?

© Samo Vidic | Alinghi Red Bull Racing

Und sie fliegen wirklich

Die AC75-Boote sind dank ihrer Unterwasserflügel – auch Hydrofoils genannt – in der Lage, sich während der Fahrt vollständig aus dem Wasser zu heben. Lange Zeit war Foiling hauptsächlich Mehrrumpfbooten wie etwa Katamaranen vorbehalten; doch nun gelang es den Ingenieurinnen und Ingenieuren der AC75-Klasse, die Technologie auf 22 Meter lange Einrumpfboote zu übertragen.

Die Foils reduzieren dabei den Wasserwiderstand erheblich und lassen die Boote beinahe wahnwitzige Geschwindigkeiten erreichen. So erzielte die Patriot von American Magic eine Rekordgeschwindigkeit von 53,31 Knoten, was umgerechnet knapp 100 km/h entspricht. In diese Regionen waren bisher nur spezielle Hochgeschwindigkeitsboote vorgedrungen.

Wendig ohne Kiel

Ein weiterer grundlegender Unterschied zu konventionellen Booten ist der fehlende Kiel. Für die dynamische Stabilität sorgen stattdessen ebenfalls die Hydrofoils. Sie machen die Boote zudem besonders agil und erlauben es, auch „seitwärts“ gegen den Wind zu segeln. Trotz der extremen Geschwindigkeiten lassen sich dadurch präzise Manöver ausführen. Indes erfordert die Kontrolle der Foils höchste Präzision: Hier helfen Sensoren und computergestützte Steuerungssysteme: Sie überwachen kontinuierlich Position und Anstellwinkel der Foils, um die Stabilität und Leistung des Bootes zu optimieren. Ein vollautomatischer Betrieb aller Systeme ist übrigens verboten; dies bleibt Aufgabe der achtköpfigen Crew.

© Olaf Pignataro | Alinghi Red Bull Racing
© Olaf Pignataro | Alinghi Red Bull Racing
© Olaf Pignataro | Alinghi Red Bull Racing

© Samo Vidic | Alinghi Red Bull Racing

© Olaf Pignataro | Alinghi Red Bull Racing

Aerodynamik trifft Hydrodynamik

Auch der aerodynamisch und hydrodynamisch gestaltete Rumpf der AC75 bildet ein echtes Meisterwerk der Ingenieurskunst. Seine schlanke, minimalistische Form reduziert einerseits den Widerstand bei Fahrt im Wasser; wenn das Boot seinen 6,5 Tonnen schweren Rumpf einer Windgeschwindigkeit von 18 Knoten (33 km/h) dank der Hydrofoils aus dem Wasser hebt, sorgt die Konstruktion wiederum für einen optimierten Luftwiderstand. In diesem Setting beschleunigt ein AC75 binnen kürzester Zeit auf über 40 Knoten (74 km/h).

Allerdings ist höchste Aufmerksamkeit geboten: Denn der kleinste Fehler kann jetzt dazu führen, dass das Boot wieder eintaucht und die Konkurrenz uneinholbar „davonfliegt“.

Energieversorgung durch Muskelkraft

Vergleichsweise „neu an Bord“ der America’s Cup-Rennboote sind seit 2017 auch die sogenannten „Cyclors“ oder „Power Groups“. Wie der Name schon andeutet, handelt es sich dabei um erfahrene Spitzensportler – häufig Radprofis – die durch das Treten auf speziellen Standrädern hydraulische Energie erzeugen. Diese fließt dann in wichtigste Systeme wie zum Beispiel die Segelsteuerung und ermöglicht der Crew, wesentlich schneller als per Handkurbel erforderliche Manöver auszuführen.

© Samo Vidic | Alinghi Red Bull Racing

© Oriol Castello | Alinghi Red Bull Racing

Veröffentlicht am 17.01.2025